War das eine Nacht. Der Fluss in dem wir uns gestern gewaschen haben, toste die ganze Nacht vor sich hin, so dass ich kaum geschlafen habe.
Aber dafür begrüßt uns heute die Sonne, indem sie malerische farben auf die umliegenden Berge zaubert.
Nils schläft noch, also gehe ich einstweilen runter zum Fluss und mache mich frisch. Hehe irgendwie ist das Wasser heute morgen angenehmer als gestern abend. Also wird den Blicken zum Trotz der ganze Körper nochmal gereinigt. Das ist ein wahrlich erfrischender Start in den Tag.
Zurück am Zelt, ist Nils schon am Zusammenpacken und fertig machen. Nachdem wir Schlafsack, Isomatte, Zelt und die restlichen Sachen im Rucksack verstaut haben, schmeißen wir den Gaskocher an um uns mal an dem Porridge (Expedition Meal) zu versuchen.
Gar nicht mal schlecht. Apfel, Zimt mit Haferschleim. Und mit rund 700kcal pro Portion ein mehr als ausreichender Energielieferant für einen ausgedehnten Wandertag.
Der Weg führt uns durch ein anschließendes Tal, vorbei am Kebnekaise, durch eine wundersame Strecke auf halber Höhe am Berg entlang. Im Tal winden sich die langgezogenen Seen, die in der Sonne tief blau leuchten.
Nach einem gut anstrengenden Auf und einem steilen Ab, liegt Singi zum greifen nah.
Wie immer werden wir von den netten Helfern mit einem fröhlichen Heyhey empfangen. Gleich danach die Frage, wie es uns und speziell unseren Füßen geht.
Wir nutzen den Check-Point um uns eine einstündige Rast zu gönnen. Das Wetter lädt förmlich dazu ein, sich ein schönes Plätzchen zu suchen und sich in der sonne zu räkeln. Dazu ein Nils-Spezial-Schoko-Bröd zu Mittag.
Wir haben heute erst 10km hinter uns gebracht und fühlen uns noch gut fit, den 14km entfernten Check-Point Sälka anzusteuern. Schließlich soll es dort leckere Rentier-Wraps geben. Das können wir uns nicht entgehen lassen.
Nach einem kurzen Stück weiter im Tal, wenden wir uns Richtung Norden zu. Diese Richtung werden wir bis zum Ende des Classics auch beibehalten.
Ein kräftiger Anstieg und wir sind oben. Eine lang gezogene Hochebene, durch die ein Fluss führt. Und siehe da, ein Rentier am Wasser, rund 500m von uns entfernt. Wenige Minuten danach hüpft eines knapp hinter uns über den Weg, in Richtung Wasser. Ein schönes Gefühl, so nahe an der Natur zu sein.
Ohweh, was ist das. Eine Traube von Menschen auf dem Weg. Als wir ankommen, merken wir, dass ein Landsmann von uns böse gestürzt ist und mit dem Kopf auf einem spitzen Stein aufkam.
Blutüberströmt helfen ihm bereits zwei nette Schwedinnen, die Platzwunde zu versorgen. Da sich Nils bestens in „Erste Hilfe“ und dem richtigen Verhalten in solchen Situationen auskennt, eskortieren wir den Verletzten bis zur nächsten Station.
Langsam geht es vorwärts. Einer läuft vorne weg und schaut, wo die wenigsten Stolpersteine liegen. Der Andere passt hinten auf, falls es Rainer schwindelig werden sollte. Aber er hält sich tapfer.
Bei einer längeren Rast auf halber Strecke treffen wir glücklicher Weise auf einen schwedischen Anestesissten, der die Wunde erst mal sachgerecht desinfiziert und professionell verbindet.
So gut versorgt, geht es auf die letzten vier Kilometer bis zum Check-Point. Die Wege scheinen sich bis ins unendliche zu ziehen. Die Anspannung ist hoch. Jedes Geräusch von hinten könnte ein weiteres Stolpern wegen der Erschöpfung sein.
2km vor Sälka kommen zwei Offizielle von Fjällräven auf uns zu, die sich ab jetzt um Rainer kümmern.
Am Check-Point Sälka angekommen, sind wir gerade dabei unseren heiß ersehnten Rentier-Wrap zu genießen, als der Helikopter Rainer abholt und ihn in die nächste Stadt fliegt.
Die Organisation hier ist top.
Kurze rede, langer Sinn, 4km hinter Sälka, schon nahe am Tjäktja Pass schlagen wir zum zweiten Mal unser Quartier für die Nacht auf.
Durch den langen Tag, gab’s nur schnell, waschen, essen kochen, abwaschen, Bett.
Auf der einen Seite Müde vor Erschöpfung, auf der anderen Seite aufgeregt, was die morgige Passüberquerung bringen wird, schlafe ich ein.